Nordrhein-Westfalen zählt zu den wirtschaftsstärksten Regionen Europas. Seine zentrale Lage, die dichte Infrastruktur mit Binnenhäfen, Flughäfen und einem leistungsfähigen Verkehrsnetz machen das Bundesland zu einem bedeutenden internationalen Logistikknoten. Doch die Beziehungen NRWs mit seinen wichtigsten Handelspartnern sind zunehmend gezeichnet durch die globalen Handelsstreitigkeiten. Zölle und Gegenmaßnahmen – insbesondere zwischen den USA, China und Europa – beeinflussen internationale Lieferketten und treffen die auslandsaktive Industrie in NRW. Einige Branchen sind direkt betroffen, andere werden indirekte Auswirkungen durch die mögliche Verschiebung von Handelsströmen und veränderten Preisen spüren.
Mit einem Handelsvolumen von 288 Mrd. Euro im Jahr 2024 und einer nahezu ausgeglichenen Bilanz – 144 Mrd. Euro im Export, 145 Mrd. im Import – bleibt der europäische Binnenmarkt mit Abstand wichtigster Absatz- und Beschaffungsmarkt für NRW. Die Niederlande führen das Ranking an: Mit 59 Mrd. Euro Handelsvolumen sind sie NRWs bedeutendster Handelspartner. Ihre Rolle als Distributionsdrehscheibe durch die Seehäfen unterstreicht diese Position. Frankreich und Italien bleiben trotz deutlicher Exportrückgänge (-8,1 Prozent bzw. -7,3 Prozent) wichtige Absatzmärkte.
Die Handelsbeziehungen zu China sind stark von einem Importüberschuss geprägt. NRW exportierte im Jahr 2024 Waren im Wert von rund 10 Mrd. Euro nach China, während die Importe bei etwa 36 Mrd. Euro lagen – fast das Vierfache. Ein Drittel aller industriellen Maschinen und Elektronikgeräte, die nach NRW eingeführt werden, stammt aus der Volksrepublik. Damit wächst der Druck auf heimische Anbieter. China hat inzwischen die Niederlande im Importgeschäft überholt und steht an der Spitze der NRW-Importländer. Durch US-Zölle auf chinesische Produkte könnten chinesische Anbieter künftig verstärkt den europäischen Markt ansteuern – mit Folgen für den Wettbewerb in NRW.
USA: Zusammenarbeit im Spannungsfeld politischer Interessen
Die USA bleiben auf Platz 3 der wichtigsten NRW-Exportländer und stellen damit einen der bedeutendsten Absatzmärkte NRWs außerhalb Europas dar. Die Exporte belaufen sich auf rund 15 Mrd. Euro – insbesondere Maschinen, chemische und pharmazeutische Erzeugnisse. Doch die von der US-Regierung unter Donald Trump eingeführten Zölle auf EU-Importe, etwa im Automobilsektor, treffen NRW besonders hart. Die USA betrachten eine nicht ausgeglichene Handelsbilanz als wettbewerbsverzerrend – eine Sichtweise, die die Einführung weiterer Zölle begünstigt. NRW verzeichnet im Jahr 2024 einen Importüberschuss mit den USA von rund 2 Mrd. Euro.
Exportentwicklung: Rückgang in mehreren Märkten
NRW verzeichnete im Jahr 2024 einen Exportrückgang von 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders stark fiel dieser im Handel mit Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich aus. Die Top-3-Exportländer Niederlande, Frankreich und USA vereinen 27 Prozent des gesamten Exportvolumens auf sich. Mit einem NRW-Exportvolumen von 9 Mrd. Euro zählt das Vereinigte Königreich zu den schwächeren der zehn wichtigsten Handelspartner. Seit dem Brexit ist das Exportvolumen um fast 15 Prozent gesunken.
Importstruktur: Veränderungen an der Spitze
NRW importierte im Jahr 2024 Waren im Wert von 278 Mrd. Euro – ein Rückgang von ebenfalls 2,7 Prozent. China hat dabei die Niederlande als wichtigsten Importpartner abgelöst. Die USA bleiben mit rund 17 Mrd. Euro stabil auf Rang drei. Die Niederlande verzeichnen den stärksten Rückgang unter den Top-10-Importpartnern in Höhe von 14,8 Prozent. Hauptimportgüter sind Kokerei- und Mineralölerzeugnisse, deren Importvolumen um ein Viertel zurückging, gefolgt von Nahrungs- und Futtermitteln sowie chemischen Produkten. Innerhalb der EU bleiben die Niederlande, Belgien, Frankreich, Italien, Polen und Spanien bedeutende Importpartner.