IHK NRW

Handelshemmnisse im Aufwind

Unsicheres Auslandsgeschäft durch Protektionismus

Wichtige Voraussetzung für einen funktionierenden globalen Handel ist der Abbau von
Zöllen und anderen handelsbeschränkenden Maßnahmen. Die Entwicklung der letzten
Jahre zeigt einen Wandel bei der Eindämmung von Protektionismus: Es geht nicht mehr
nur darum, Zölle abzubauen. Vielmehr sind sogenannte nicht-tarifäre Maßnahmen in
den Vordergrund gerückt. Diese Maßnahmen werden immer häufiger von Staaten eingesetzt,
um ausländischen Unternehmen den Zugang zum Markt zu erschweren und
die inländische Wirtschaft zu unterstützen. Sie sind häufig intransparent und selektiv
in der Anwendung.
Aktuelle Zahlen aus der Going International Umfrage machen diese Problematik
deutlich. So fühlen sich 63 Prozent der Unternehmen aus NRW von Handelsbarrieren
betroffen. Das sind 14 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren.
Zu den genannten einschränkenden Maßnahmen zählen an erster Stelle Hemmnisse,
wie beispielsweise lokale Zertifizierungsanforderungen, von denen sich jedes zweite
Unternehmen beeinträchtigt sieht.
Weiterhin erschweren Sanktionen, verstärkte Sicherheitsanforderungen und intransparente
Gesetzgebung das internationale Geschäft. Local-Content-Vorschriften sehen
sich 18 Prozent derjenigen Unternehmen ausgesetzt, die einen Anstieg an Handelshemmnissen
feststellen. Dabei werden sie gezwungen, einen festgelegten Anteil der
Wertschöpfung vor Ort zu tätigen, um auf dem Markt aktiv sein zu können.
Protektionismus wird somit vermehrt zum Problem für die auslandsaktive nordrheinwestfälische
Wirtschaft. Umso wichtiger ist der Abschluss von Handelsabkommen, um
(nicht-tarifäre) Handelshemmnisse abzubauen.
Barrieren

Regionale Verortung der Top 5 Handelshemmnisse

Die fünf häufigsten Handelshemmnisse sind je nach Region unterschiedlich stark ausgeprägt.
Zunehmenden Protektionismus spüren nordrhein-westfälische Unternehmen
unter anderem in der EU-Nachbarschaft. So wird die Eurozone unter anderem bei der
Zunahme von lokalen Zertifizierungs- und Sicherheitsanforderungen an erster Stelle
genannt. Mit Blick auf Zertifizierungsanforderungen müssen Unternehmen selbst in
Europa ihre Produkte oder Dienstleistungen in bestimmten Fällen prüfen und zertifizieren
lassen, bevor sie sie in einem Land auf den Markt bringen dürfen. Großer Zeitaufwand
bei der Zertifizierung fällt seit dem EU-Austritt auch beim Handel mit UK an.
Verstärkte Sicherheitsanforderungen sind für Unternehmen mit Geschäft in China
und den USA ebenfalls ein Problem.
Sechs von zehn Unternehmen, die grundsätzlich eine Zunahme der Barrieren spüren,
fühlen sich in der Eurozone durch Gesetze einzelner EU-Staaten oder durch neue
Regulierungen in ihrem Handeln eingeschränkt. Intransparente Gesetzgebung beklagen
Unternehmen auch in UK und China.
Der anhaltende Krieg Russlands in der Ukraine und damit verbundene Sanktionen
der EU und Gegenreaktionen sind weiterhin eine große Belastung für 85 Prozent der
Unternehmen. Dabei sind auch Unternehmen ohne Russland-Geschäft betroffen.
Mittlerweile müssen Unternehmen beim Verkauf bestimmter Güter in ein Drittland die
sogenannte „No-Russia-Klausel“ aufnehmen, um sicherzustellen, dass die Sanktionen
nicht umgangen werden.
Zwang zu Local-Content spürt mehr als jedes zweite Unternehmen auf dem chinesischen
Markt. Dort steigt der Druck auf ausländische Unternehmen, vor Ort zu produzieren. 42 Prozent der Unternehmen mit Geschäft in den USA sind ebenfalls von Local-Content-Vorschriften betroffen und sehen eine Benachteiligung zu lokalen
Produzenten.
hemmnisse

Bürokratie bremst das internationale Geschäft aus

Über die genannten Handelshemmnisse hinaus sehen sich 80 Prozent der befragten
Unternehmen weiteren grundlegenden Herausforderungen ausgesetzt. Dazu zählen
Hürden bei der Abwicklung des Auslandsgeschäfts, wie beispielsweise komplexe Zollabfertigungsverfahren
oder Verzögerungen bei BAFA-Ausfuhrgenehmigungen, aber auch
Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Regulierungen, wie beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
oder dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM).
Fast ein Drittel der Unternehmen, die von Herausforderungen betroffen sind, sieht
Einschränkungen beim freien Waren- und Dienstleistungsverkehr im EU-Binnenmarkt,
beispielsweise bei der Entsendung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins EU-Ausland
und auch bei Meldepflichten. Viele Unternehmen bemängeln insbesondere
die Bürokratielast durch die Erstellung von länderspezifischen Entsendemeldungen
bei einem Arbeitseinsatz in Europa, was kurzfristige Service-Einsätze verhindert.
Jedes zehnte Unternehmen sieht sich mit Rechtsunsicherheiten bei Investitionen im
EU-Binnenmarkt konfrontiert.

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