Ein reibungsloser internationaler Waren- und Dienstleistungsverkehr erfordert stabile Rahmenbedingungen. Eine zentrale Aufgabe der Politik ist es, Handelsbarrieren abzubauen und den globalen Handel zu erleichtern. Doch aktuelle Zahlen zeigen: Unternehmen in Nordrhein-Westfalen stehen weiterhin vor zahlreichen Herausforderungen. Der Going International Umfrage zufolge beobachten im Jahr 2024 59 Prozent der befragten NRW-Unternehmen eine Zunahme von handelsbezogenen Einschränkungen. Steigender Protektionismus und eine zunehmende Fragmentierung der Weltwirtschaft in geopolitische Blöcke tragen dazu bei, dass das Niveau dieser Hürden hoch bleibt.
Vor dem Hintergrund des anhaltenden Handelskonflikts zwischen den USA und China ist davon auszugehen, dass sich die Belastung künftig noch verschärfen wird. Zwar werden höhere Zölle aktuell erst an fünfter Stelle der häufigsten Handelshemmnisse genannt, doch angesichts der aktuellen US-Zollpolitik und der daraus resultierenden Gegenmaßnahmen vieler Länder ist eine veränderte Gewichtung einzelner Hürden denkbar. Die unten ersichtliche Rangfolge der stärksten Handelsbarrieren ist daher im Lichte eines sich dynamisch entwickelnden globalen Umfelds zu betrachten.
Anstieg lokaler Zertifizierungs- und Sicherheitsanforderungen
Ein deutlicher Trend zeigt sich beim Anstieg lokaler Zertifizierungsanforderungen: 60 Prozent der Unternehmen berichten von einer Zunahme solcher Vorgaben. Auch steigende Sicherheitsvorgaben – etwa zur Produktsicherheit bei Elektronik, Chemikalien oder Lebensmitteln sowie Datenschutzauflagen – gelten für 45 Prozent der Befragten als relevante Handelsbarrieren. Diese Hemmnisse betreffen insbesondere Geschäfte in der Eurozone, Nordamerika und dem Vereinigten Königreich.
Intransparente Gesetzgebung und Sanktionen als Handelsrisiken
37 Prozent der Unternehmen nennen intransparente Gesetzgebungen als Hemmnis, insbesondere in der Eurozone (46 Prozent), Nordamerika (30 Prozent, davon 24 Prozent USA) und China (29 Prozent). Sanktionen werden zwar im Vergleich zum Vorjahr seltener als Hindernis genannt, bleiben aber zentrales Risiko. Russland ist mit 82 Prozent der Nennungen die am stärksten betroffene Region, gefolgt von China und dem Nahen Osten. Die EU verschärft weiterhin ihre Maßnahmen gegenüber Russland – etwa mit Export- und Importverboten sowie Beschränkungen für Eisen- und Stahlerzeugnisse.
Zunahme von Zöllen – Fokus auf die USA
Die Zahl der Unternehmen, die höhere Zölle als Handelshemmnis sehen, hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Besonders Nordamerika, China und das Vereinigte Königreich sind betroffen. Im Fokus steht die US-Zollpolitik: Fast jedes zweite Unternehmen aus NRW nimmt dort höhere Zölle wahr. Abgaben auf Stahl und Aluminium sowie Maßnahmen gegen EU-Importe, etwa auf Autos, belasten die Kostenstrukturen und erschweren den Marktzugang. Es ist zu erwarten, dass die Belastung der Unternehmen durch höhere Zölle als Handelshemmnis in den nächsten Monaten stark zunimmt.
Local Content-Vorgaben erhöhen den Druck
Fast jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent), das eine Zunahme von Handelshemmnissen verspürt, sieht sich mit Local Content-Vorgaben konfrontiert – insbesondere in China, dem Asien-Pazifik-Raum und Nordamerika. Die USA verfolgen seit einiger Zeit mit dem Inflation Reduction Act der Biden-Administration und geplanten Maßnahmen der Trump-Administration eine stärkere Ausrichtung auf die heimische Produktion. In China und Indien (mit der Initiative „Make in India“) verstärken nationale Programme die Forderung nach lokaler Fertigung.