01.08.2024

Energiewende in NRW: Wirtschaft im Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeit und Wettbewerbsdruck

Die nordrhein-westfälischen Unternehmen treiben die Energiewende trotz der vielfältigen Herausforderungen aktiv mit voran und setzen sich ehrgeizige Ziele zur Klimaneutralität. Laut einer aktuellen Umfrage der IHK-Organisation (DIHK 2024) planen über 83 Prozent der befragten Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, bis spätestens 2045 klimaneutral zu wirtschaften; 21 Prozent planen dieses Ziel bereits 2030 zu erreichen. Eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaneutralität nehmen insbesondere die Unternehmen der Handelsbranchen ein. Hier verfolgen über 90 Prozent der Unternehmen das ambitionierte Ziel des deutschen Klimaschutzgesetzes, bis 2045 treibhausgasneutral zu sein.
Die Unternehmen lassen ihren Ankündigungen dabei Taten folgen und forcieren die Energiewende mit eigenen Mitteln. Rund 23 Prozent der antwortenden Unternehmen haben bereits eigene Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energien aufgebaut und nutzen die erzeugte Energie bzw. speisen diese in das Stromnetz ein. Weitere 25 Prozent planen entsprechende Maßnahmen. Besonders Industrieunternehmen, die vielfach einen hohen Energiebedarf besitzen, zeigen hier verstärktes Engagement und bauen eigenständig Erzeugungskapazitäten auf.
Doch trotz des umfassenden Engagements wiegen die Herausforderungen der Energiewende für viele Unternehmen schwer. Gerade die im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern hohen Energiepreise belasten die Unternehmen im Zuge der Transformation hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung stark. Die Energiepreise liegen weiterhin deutlich über dem Vorkrisenniveau. Rund 39 Prozent der Unternehmen sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch die hohen Energiepreise gefährdet. In der Industrie – eine Branche, die in einem besonderen internationalen Wettbewerb steht – sind es sogar 61 Prozent. Diese Zahlen haben sich im Vergleich zur Vorjahresumfrage aus dem Jahr 2023 kaum verbessert.
„Entscheidend ist, dass wir zu Preisen für unsere Energieversorgung zurückkehren, die unseren Industrie- und Wirtschaftsstandort wieder international wettbewerbsfähig machen. Zudem bedarf es einer belastbaren Perspektive zur Versorgungssicherheit. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, können die Unternehmen am Standort den Wandel vollständig annehmen und den Ausbau der Erneuerbaren weiter vorantreiben,“ so Ralf Stoffels, Präsident von IHK NRW.
Gleichzeitig besitzen die Unternehmen bei der Einsparung von Energie immer weniger Spielraum. Bereits in den vergangenen Jahren wurden Einsparpotenziale von den Unternehmen durch Effizienzsteigerungen ausgeschöpft. Das ist wenig überraschend, da die Reduktion von Energiekosten für die Unternehmen eine relevante Stellschraube zur Verbesserung des Betriebsergebnisses ist.
28 Prozent der Unternehmen sehen in den nächsten fünf Jahren keine weiteren wirtschaftlich realisierbaren Einsparpotenziale. Durch die hohen Energiekosten ergeben sich vereinzelt auch geringe Energieeffizienzpotenziale, die zuvor nicht zu wirtschaftlichen Konditionen umgesetzt werden konnten und nun sukzessive von den Unternehmen gehoben werden.
Neben den hohen Kosten sind es vor allem die hohen bürokratischen Anforderungen und die fehlende Planbarkeit, die die Unternehmen vor Herausforderung beim Bau und Betrieb eigener EE-Kapazitäten stellen. Rund zwei Drittel (62 Prozent) der antwortenden Unternehmen sehen in der überbordenden Bürokratie die größte Hürde für eine erfolgreiche Energiewende. Weitere Hemmnisse werden in fehlenden Informationen sowie der geringen Planbarkeit und Verlässlichkeit der gegenwärtigen Energiepolitik gesehen.

Die Auswertung der IHK Umfrage für das NRW Energiewendebarometer finden Sie hier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 281 KB)