NRW-Koordinierung Gesamtverteidigung und Wirtschaft
Die sicherheitspolitische Lage Europas hat sich mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den zunehmenden globalen Machtverschiebungen grundlegend verändert. Die Bundesrepublik Deutschland muss ihre Wehrhaftigkeit stärken, ihre Bündnisverpflichtungen erfüllen und gleichzeitig auf eine zunehmend instabile internationale Ordnung reagieren. Diese sicherheitspolitische Zeitenwende hat tiefgreifende Konsequenzen für die deutsche Sicherheitsarchitektur und ihre wirtschaftliche Basis. Die Bundesregierung betont dazu in ihrer Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie vom Dezember 2024 die Notwendigkeit einer wehrhaften, resilienten und innovationsfähigen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI), die eng in europäische und transatlantische Partnerschaften eingebettet ist.
Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie: Chancen für die NRW-Wirtschaft
Diese strategische Neuausrichtung stellt auch die nordrhein-westfälische Wirtschaft vor neue Herausforderungen: Gefordert sind der Ausbau industrieller Produktionskapazitäten, die Sicherstellung von Schlüsseltechnologien, stabile Lieferketten, der Zugang zu qualifizierten Fachkräften sowie verlässliche staatliche Beschaffungs- und Finanzierungsstrukturen. Die Unternehmen werden im Rahmen der Neuorganisation der Gesamtverteidigung bei der zivil-militärischen Zusammenarbeit nicht nur bei der Bereitstellung von personellen, organisatorischen und Sachressourcen in die Pflicht genommen, ihnen werden auch durch die zusätzliche staatliche Nachfrage im Bereich von Sicherheit- und Verteidigung neue Absatzmöglichkeiten geboten.
In beiden Fällen bilden die Industrie- und Handelskammern die Schnittstelle zwischen Wirtschaft und staatlichen Akteuren, indem sie bspw. den lokalen Kontakt zur Bundeswehr pflegen, Netzwerkformate organisieren, Zuliefererbetriebe beraten und im Spannungs- und Verteidigungsfall hoheitliche Aufgaben übernehmen.
In beiden Fällen bilden die Industrie- und Handelskammern die Schnittstelle zwischen Wirtschaft und staatlichen Akteuren, indem sie bspw. den lokalen Kontakt zur Bundeswehr pflegen, Netzwerkformate organisieren, Zuliefererbetriebe beraten und im Spannungs- und Verteidigungsfall hoheitliche Aufgaben übernehmen.
IHK NRW vernetzt Wirtschaft und Verteidigung
IHK NRW setzt sich für passende Rahmenbedingungen ein, die auf Landesebene die strategische Neuausrichtung im Bereich von Sicherheit- und Verteidigung effizient nachvollziehen, Unternehmen bei der Organisation der Gesamtverteidigung Planungssicherheit gewährleisten und neue wirtschaftliche Chancen ermöglichen. Ziel sollte es sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Innovationskraft und Investitionen stärken – im Sinne einer leistungsfähigen und verantwortungsbewussten Wirtschaft als Pfeiler der nationalen Sicherheits- und Verteidigungsvorsorge. Hierfür ist IHK NRW mit dem Aufbau des neuen Themenfelds „Wirtschaft und Verteidigung“ betraut worden.
IHK-Tagung „Gesamtverteidigung und Wirtschaft“
Am 10. Juli 2025 lud IHK NRW zu einer Fachtagung in Düsseldorf ein, um aktuelle Herausforderungen und Strategien an der Schnittstelle von Gesamtverteidigung, Wirtschaftsschutz und Krisenvorsorge zu diskutieren.
Dr. Ralf Mittelstädt, Hauptgeschäftsführer von IHK NRW begrüßt die Teilnehmer zur IHK-Tagung Gesamtverteidigung und Wirtschaft in Düsseldorf.
v.l.n.r. Philipp Koch, Leiter Stabsbereich International, Handelskammer Hamburg, Reinhold Wellen, Geschäftsführer Operativ, Agentur für Arbeit Hamburg , Dr. Monika John-Koch, Referatsleiterin KRITIS-Sektoren, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Dr. Ralf Mittelstädt, Hauptgeschäftsführer von IHK NRW, Dr. Ulrich Biedendorf, Geschäftsführer IHK Düsseldorf und Fachpolitischer Sprecher Wirtschaft und Verteidigung von IHK NRW , Dr. Rainer Kambeck, Bereichsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand, DIHK, Dr. Gunther Quidde, Hauptgeschäftsführer, IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern
v.l.n.r. Oberst Dirk Franke, Landeskommando NRW, Paul Höller, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Ralf Mittelstädt, Hauptgeschäftsführer von IHK NRW.
Unter der Moderation von Dr. Ulrich Biedendorf, Geschäftsführer IHK Düsseldorf und Fachpolitischer Sprecher Wirtschaft und Verteidigung von IHK NRW beleuchteten Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und dem Landeskommando NRW zentrale Themen:
- Paul Höller, Staatssekretär im NRW-Wirtschaftsministerium, brachte Impulse zur Bedeutung einer engen Verzahnung von Wirtschaft und Sicherheitsstrukturen ein.
- Henning Voß, Referat Wirtschaftsschutz/Geheimschutz in der Wirtschaft, Ministerium des Inneren NRW stellte Erfahrungen aus der Sicherheitspartnerschaft NRW als Beispiel einer
erfolgreichen Zusammenarbeit von Sicherheit und Wirtschaft vor. - Dr. Rainer Kambeck, Bereichsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand, DIHK berichtete zur verteidigungspolitischen Lage aus Berlin.
- Dr. Monika John-Koch, Referatsleiterin KRITIS-Sektoren, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (tbc) und Philipp Koch, Leiter Stabsbereich International, Handelskammer Hamburg zeigten Empfehlungen für Unternehmen in der Gesamtverteidigung und dem Zivilschutz auf.
- Reinhold Wellen, Geschäftsführer Operativ, Agentur für Arbeit Hamburg stellte das Arbeitssicherstellungsgesetz vor.
- Dr. Gunther Quidde, Hauptgeschäftsführer, IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern berichtete zu den Auswirkungen der Sicherstellungsgesetze am Beispiel Verkehr.
Im Mittelpunkt standen der Schutz kritischer Infrastrukturen, die Kooperation mit der Bundeswehr sowie wirtschaftliche Auswirkungen gesetzlicher Regelungen im Verteidigungsfall. Ziel ist es, durch einen strukturierten Sicherheitsdialog die Resilienz von Unternehmen und dem Wirtschaftsstandort NRW zu stärken.
Zahlen, Daten, Fakten zur Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
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Der Anteil der SVI in NRW mit einem Produktionswert in Höhe von bis zu 22,4 Milliarden Euro im Jahr 2022 macht 2,8 Prozent am Gesamtproduktionswert des Landes NRW aus (Bundesdurchschnitt 1,3 Prozent).
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Die Anzahl der Beschäftigten der SVI in NRW lag im Jahr 2022 geschätzt zwischen 85.100 und 210.300.
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Leistungsverpflichtungen im Rahmen der Gesamtverteidigung treffen nach erster Schätzung rund 241.700 Unternehmen in NRW mit fast 3,2 Mio. Beschäftigten (1/3 aller ansässigen Unternehmen in NRW)
Weiterführende Informationen
- Nationale Sicherheits- und Verteidigungsstrategie: https://www.bmvg.de/de/aktuelles/sicherheits-und-verteidigungsindustriestrategie-5864746
- Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung (RRGV): https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/sicherheit/RRGV.pdf?__blob=publicationFile&v=4
- DIHK- Position: Wirtschaft und Verteidigung 2025: https://www.dihk.de/de/themen-und-positionen/dihk-position-wirtschaft-und-verteidigung-135112