IHK NRW

Testangebotspflicht lässt viele Fragen offen – Schutzmaßnahmen ohne Anreizwirkung, aber auf Kosten des Handels


Selbsttests: Umsetzung für Unternehmen weiter schwierig
Seit Wochen engagieren sich viele Unternehmen, um den Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten mit Selbsttests zu erhöhen. Gleichzeitig verzweifeln immer noch viele Unternehmen an rechtlichen Hürden, Problemen bei der Beschaffung und nicht zuletzt an den nicht unerheblichen Kosten, die insbesondere bei den aktuell notleidenden Branchen teilweise zu hohen Belastungen führen.
„Impfen und Testen sind wichtige Instrumente zur Eindämmung der Pandemie und können daher einen elementaren Beitrag für passgenaue Öffnungsmöglichkeiten schaffen“, sagt Ralf Stoffels, Präsident von IHK NRW.
Mit der Selbstverpflichtung, für die auch die Industrie- und Handelskammern zuletzt stark geworben hatten, hat der überwiegende Teil der Unternehmen freiwillig Testangebote aufgebaut – nach Angaben der Bundesregierung haben bzw. planen 69 Prozent der Unternehmen ein eigenes Angebot. „Angesichts der unklaren Rahmenbedingungen ein herausragendes Engagement, zumal eine vollständige Abdeckung nicht erreichbar ist, da weite Teile des Einzelhandels, der Gastronomie, der Tourismuswirtschaft und der Kultur- und Kreativwirtschaft derzeit geschlossen sind oder auf Home-Office und mobiles Arbeiten setzen“, so Stoffels weiter.
Mit der geplanten Testangebotspflicht trägt die Bundesregierung in Teilen den Problemen Rechnung, die mit einer allgemeinen Testverpflichtung mit Blick auf Nachweise und Durchführung einhergegangen wären. Stoffels merkt an: „Es bleibt aber immer noch schwierig, die benötigten wöchentlichen Tests in größeren Mengen zu beschaffen.“ Die Industrie- und Handelskammern in NRW unterstützen die Unternehmen bei der Suche nach Anbietern auf der Internet-Plattform www.protectx.online.
Zudem werden die geplanten Regelungen der Wirklichkeit in den Unternehmen kaum gerecht: Absehbar wird es zu Zurechnungsproblemen kommen etwa wie mit Mitarbeitern umzugehen ist, die ausschließlich an der frischen Luft oder als Lkw-Fahrer ohne Kontakte arbeiten. Unklar ist auch, wie Unternehmen einzuordnen sind, die auf flexible Kombinationen mit tageweiser Präsenz setzen.
Zusätzliche Einschränkungen erfordern Vorbereitung
Bereits seit längerem sieht die CoronaSchutzVO des Landes NRW weitere Einschränkungen bei überhohen Inzidenzwerten vor. In einigen Kreisen und kreisfreien Städten in NRW konnten Erfahrungen u. a. auch mit Ausgangssperren gewonnen werden. „Dabei hat sich gezeigt, dass eine intensive Vorbereitung erforderlich ist, um Abgrenzungsschwierigkeiten und Ausnahmeregelungen etwa für Mehrschichtbetriebe vorzubereiten und auf die Gegebenheiten vor Ort etwa im öffentlichen Personennahverkehr eingehen zu können“, so Stoffels.
Geschlossene Branchen schwer getroffen Für den Einzelhandel sieht der Entwurf des Pandemiegesetzes neuerliche tiefgreifende Einschränkungen vor. Trotz der hohen Akzeptanz, auf die die jüngsten Angebote in NRW in Kombination mit einem negativen Testergebnis gestoßen sind, ist derzeit sogar noch unklar, ob die Regelung Click&Collect im Handel zulässt. Angebote zum Mitnehmen sollen wie in der Gastronomie auch dem Handel erlaubt sein.
Für die übrigen Teile der Gastronomie, für die Tourismuswirtschaft und die Kultur- und Kreativwirtschaft gibt es dagegen weiterhin perspektivisch keine Planungsmöglichkeiten für Öffnungen mit angemessenen Sicherheits- und Hygienekonzepten. Nach nun bereits sechs Monaten der Schließung sind bei vielen Unternehmen die finanziellen Reserven aufgebraucht, einige haben den Geschäftsbetrieb bereits eingestellt.
Positive Verhaltensanreize fehlen
Zuletzt hatte die Landesregierung NRWs auf positive Anreize gesetzt, um weitere Teile der Bevölkerung zu erreichen. „Leider fehlen solche positiven Anreize im vorliegenden Entwurf, mit denen Verbesserungen der gesundheitlichen Lage über Hygienemaßnahmen, Luftfilter oder zusätzliche Tests erzielt werden könnten. Allein für den Frisörbesuch soll nun die Möglichkeit eröffnet werden, Kunden mit negativem Test zu empfangen. Diese Regelung wäre verantwortungsbewusst auch auf weitere körpernahe Dienstleistungen oder auf Einzelhandelsgeschäfte anwendbar“, bedauert Stoffels. Über die Modellkommunen in NRW könnten schnell auch Erfahrungen für weitere Branchen etwa für die Außengastronomie gesammelt werden. Diese sollten auch daher in den kommenden gesetzlichen Regelungen weiter einbezogen werden.
Zuletzt wirft der Entwurf erneut bekannte Abgrenzungsschwierigkeiten bspw. zwischen medizinischen und kosmetischen Fußpflegen oder zwischen dem Garten- und dem Baumarktsortiment auf und verschärft so die Konkurrenz zwischen den Geschäftsmodellen.
IHK NRW ist der Zusammenschluss der 16 Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen. IHK NRW vertritt die Gesamtheit der IHKs in NRW gegenüber der Landesregierung, dem Landtag sowie den für die Kammerarbeit wichtigen Behörden und Organisationen.