Sondervermögen muss in die Zukunft wirken: IHK NRW fordert Nachteilsausgleich für den Verkehrsstandort NRW
Aktuelle Planungen der Bundesregierung zur Mittelausstattung im Bundeshaushalt und den Vergaberegeln im Sondervermögen benachteiligen NRW
IHK NRW warnt anlässlich der finalen Haushaltsverhandlungen im Bundestag vor Standortnachteilen für Nordrhein-Westfalen bei der Finanzierung der Verkehrsinfrastrukturen:
„Gerade hier ist der Zustand der Verkehrsinfrastruktur besonders kritisch – bröckelnde Brücken, überlastete Autobahnen und veraltete Wasserstraßen gefährden Lieferketten und Wettbewerbsfähigkeit“, betont Dr. Ralf Mittelstädt, Hauptgeschäftsführer von IHK NRW. „Doch so wie Haushalt und Sondervermögen derzeit ausgestaltet sind, droht NRW weniger und nicht mehr Investitionsmittel zu erhalten. Das ist das Gegenteil dessen, was dieses Land jetzt braucht.“
NRW trägt im Bundesvergleich eine überdurchschnittliche Last im Verkehrsnetz:
-
Fast 30 Prozent der Autobahnbrücken im Land sind sanierungs- oder ersatzbedürftig (Bund: teils unter 10 %).
-
Ersatzneubauten in NRW sind in der Regel mit Ausbau verbunden – und fallen damit aus vielen Förderzugriffen des Sondervermögens heraus.
-
Die wichtigsten Wasserstraßen für Industrie und Hafenstandorte sind im Sondervermögen kaum berücksichtigt.
-
Zahlreiche Verkehrsprojekte verzögern sich, weil Planungsverfahren in dicht besiedelten Räumen besonders komplex sind.
„Die Lage ist eindeutig: Der Bedarf in NRW ist am größten – aber die Mittelzuweisung berücksichtigt das nicht“, erklärt Ocke Hamann, verkehrspolitischer Sprecher von IHK NRW. „Das gefährdet die industrielle Basis und die Logistikdrehscheibe NRW. Wir können nicht akzeptieren, dass das Land mit dem größten Erhaltungs- und Ersatzbedarf am Ende am wenigsten bauen kann. NRW braucht jetzt eine faire Mittelverteilung und Planungssicherheit. Jeder Euro, der hier eine Brückensperrung verhindert, ist ein Gewinn für den gesamten Standort.“
IHK NRW fordert daher, dass sich die Vergabe aus Haushalt und Sondervermögen am tatsächlichen Instandsetzungs- und Ersatzbedarf orientieren, nicht an formalen Kriterien. Komplexe Förderprogramme müssen durch klare Prioritäten, schnellere Planungsverfahren und zentrale Unterstützung für Kommunen ersetzt werden. Für Hafenstandorte, Stahl, Chemie und Logistik sind funktionierende Wasserwege und belastbare Brücken wirtschaftskritische Infrastruktur – diese müssen im Sondervermögen verbindlich berücksichtigt werden.
Die besondere NRW-Betroffenheit zeigt sich bei den folgenden Baustellen:
NRW-Baustelle Nummer 1
In NRW sind die Autobahnen und Bundesstraßen am Limit. Deshalb gibt es praktisch keine Reparatur ohne Ausbau. Fast jede Brücke, die ersetzt wird, bekommt eine zusätzliche Spur. Das bedeutet: Sie kann nicht aus dem Sondervermögen bezahlt werden.
NRW-Baustelle Nummer 2
Durch Umschichtungen der Mittel im Bundeshaushalt ist dieser nicht so gewachsen wie gedacht. Für den Straßenbau fehlt daher dringend benötigtes Geld. Da sehr viele Maßnahmen in NRW nicht vom Sondervermögen profitieren, sondern auf den Haushalt angewiesen sind, kann bei uns vergleichsweise weniger gebaut werden.
NRW-Baustelle Nummer 3
Schnell gebaut wird besonders dort, wo die Planungen fertig sind. Das Bundesverkehrsministerium hat mit seinem Netz zur Brückensanierung (Brückensanierungsprogramm) an Autobahnen Prioritäten gesetzt. Ein Nachteil für NRW, denn der Anteil der als Priorität eingestuften Streckenabschnitte ist bei uns verglichen mit anderen Bundesländern geringer.
NRW-Baustelle Nummer 4
Auf der vom Bundesverkehrsministerium veröffentlichten Liste, welchen Vorhaben eine Verzögerung droht, stehen besonders viele NRW-Projekte (29 von 74). Das liegt auch daran, dass in NRW in der Regel in hochverdichteten Räumen gebaut wird. Diese Verfahren sind deshalb sehr komplex und leiden besonders häufig unter den hohen Anforderungen der Planfeststellung. NRW würde folglich von den angekündigten Schritten zur Planungsbeschleunigung sehr profitieren – genau diese Vorhaben der Bundesregierung aber sind noch nicht umgesetzt.
NRW-Baustelle Nummer 5
In keinem anderen Bundesland sind die Wasserstraßen für den Betrieb der Industrie wichtiger. Ob Stahl, Chemie, Baustoffe, Container oder Futtermittel – in den Häfen NRWs wird rund die Hälfte der Mengen, die mit Binnenschiffen in Deutschland transportiert werden, umgeschlagen. Kein anderes Bundesland braucht die Wasserstraße mehr, um Straßen und Schienen zu entlasten. Dass im Haushalt kein zusätzliches Geld für Wasserstraßen bereitgestellt wird und die Wasserstraßen vom Sondervermögen ausgenommen sind, trifft NRW deshalb besonders hart.
Appell an die NRW-Verkehrspolitik
IHK NRW fordert daher, dass NRW in den finalen Haushaltsberatungen bessere Chance bekommt, seinen Wettbewerbsnachteile auszugleichen.
„Beim Zustand der Straßen, Schienen und Wasserwege muss NRW dringend zu den anderen Bundesländern aufschließen, sonst droht die Industrie schneller abzuwandern, als uns lieb sein kann“, so IHK NRW-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Mittelstädt zu den aktuellen NRW-Baustellen.
„Unser Bundesland braucht einen adäquaten Nachteilsausgleich. Jede Brücke, die für LKW gesperrt wird, ist eine Vollsperrung für die Wirtschaft. Umgekehrt ist jeder Euro, der eine Sperrung verhindert, besonders gut investiert,“ drängt abschließend Ocke Hamann, verkehrspolitischer Sprecher von IHK NRW, auf eine breitere Nutzung der Mittel aus dem Sondervermögen und Vergabe nach Bedarf.