Interview

"Der März alleine hat mich 170.000 Euro gekostet"

Wischermann_Hotel
Uschi Wischermann, Inhaberin Superior Parkhotel und Hotel Residenz Oberhausen, Oberhausen
    "Der März alleine hat mich 170 000 € gekostet. [...] Wir alle haben verstanden, dass wir Abstand halten und uns schützen müssen. Meine Rezeptionistinnen sitzen hinter hübschen Glasscheiben, im Restaurant ist die Hälfte der Tische rausgeräumt und durch Pflanzen ersetzt worden, im Pub sind die Barhocker abgeschraubt worden und um die Tische sind Nischen gebaut worden."
Uschi Wischermann, 53, führt seit 25 Jahren mit ihren Eltern das 4-Sterne Superior Parkhotel mit 98 Zimmern in Oberhausen und hat vor 15 Jahren mit ihrem Mann das Hotel Residenz Oberhausen mit 103 Zimmern gekauft. Gemeinsam sind in beiden Hotels 70 Mitarbeiter beschäftigt. 
IHK NRW berichtet sie zu ihrer aktuellen Situation und ihren Wünschen für die Zukunft:
"Anders als im März, als wir unerfahren, unwissend, geschockt von 100 Prozent, mit vollen Kühlhäusern, voller Belegschaft und vollen Auftragsbüchern in 3 Tagen auf 0 fahren mussten, herrschte im November sofort eine gewisse Depression. Auch weil zunächst nur unsere Branche getroffen war, um uns schien das Leben wie gewohnt weiterzugehen. Das erste Mal in meinem Leben konnte ich Menschen in der Arbeitslosigkeit verstehen, das Gefühl nicht mehr Teil der Gesellschaft zu sein. Auch das sicherlich gut gemeinte Mitgefühl, ich will es nicht und kann es nicht gut ertragen, ich will Bestimmerin, Macherin sein.
Unsere beiden Häuser befinden sich in unserem Besitz und die Bank hat sich sofort im April auf eine Tilgungsaussetzung eingelassen, so dass wir „nur“ die Zinsen zahlen. Zusätzlich haben wir einen weiteren Kredit über 400.000 Euro aufgenommen und verlagern damit natürlich das Problem auf die nächste Generation. Trotzdem muss man sagen, stehen wir im Verhältnis noch recht gut da. Wir haben auflaufend auf das ganze Jahr nur 35 Prozent Umsatz verloren. Im Vergleich sind in Oberhausen die Übernachtungszahlen um 50 Prozent gesunken. Wir haben aber auch nach wirklich jedem Strohhalm gegriffen, allerdings mit dem Resultat, dass weder Überbrückungshilfe 1 noch 2 bei uns gegriffen haben. Wir waren immer 1 bis 7 Prozentpunkte unter dem notwendigen Rückgang. Grundsätzlich finde ich die Ausdrücke „Hilfen“ und „Förderungen“ schon sehr schwierig. Uns ist ein Berufsverbot erteilt worden, da wäre der Begriff Schadenersatz doch wesentlich treffender.
Meine große Sorge für die Zukunft ist, dass sich die Menschen daran gewöhnen nicht mehr in Konzerte zu gehen, Essen nur noch im eigenen Haushalt verzehren, sich gegenseitig nur auf Bildschirmen zu sehen und sich bei Reisen in Ferienwohnungen einigeln. Ist es nicht wünschenswert, dass Menschen sich treffen, sprechen und unterhalten? Sich austauschen? Zusammenhalten? Diskutieren? Ich möchte, dass das Essen und Leben in der Gemeinschaft gefördert wird. 
Wir alle haben verstanden, dass wir Abstand halten und uns schützen müssen. Meine Rezeptionistinnen sitzen hinter hübschen Glasscheiben, im Restaurant ist die Hälfte der Tische rausgeräumt und durch Pflanzen ersetzt worden, im Pub sind die Barhocker abgeschraubt worden und um die Tische sind Nischen gebaut worden. Alles sehr hochwertig, es sieht schon fast so aus, als wenn es immer so war und bleiben soll. Die Lüftungsanlagen sind alle mit Hepa-Filtern ausgestattet. Warum dürfen Verliebte bei uns kein romantisches Wochenende verbringen? Sie stecken sich bei uns mit Sicherheit weniger an als in irgendeinem Geschäft oder Büro. Wir können und wollen Abstand halten."